Sächsische Zeitung, 15.03.2013
Jens Kuhbandner hat für die Buchmesse in Leipzig gepackt. Die von ihm verlegten Bücher sind nicht vorn auf der Bestsellerliste, haben aber einen festen Leserstamm. Und er besitzt Durchhaltevermögen.
In diesem Frühjahr feiert Jens Kuhbandner mit seinem „Notschriften-Verlag Radebeul“ ein besonderes Jubiläum: Zum zehnten Mal ist er mit einem eigenen Stand bei der Leipziger Buchmesse vom 14. bis 17. März dabei. Seine Kabine ist zwar gerade mal vier Quadratmeter groß. Doch dafür fährt Jens Kuhbandner wieder mit einigen Neuerscheinungen im Gepäck dorthin und ist auch mit Lesungen präsent.
Darunter aus dem wunderbaren Band „Pilger auf dem Weg der Liebe“ mit Poesie von Nina Pohl und Bildern des Dresdner Malers Rainer Wriecz, der 2010 verstarb. Die Lyrikerin und Künstlerin stellte den farbenfrohen Band in seinem Sinn fertig und liest daraus auf der Buchmesse (16.3., 12 Uhr, Halle 3).
Jens Kuhbandner selbst wird die „Thüringer Tagebücher“ von Hanns Cibulka mit lyrisch-nachdenklichen und zeitkritischen Texten vorstellen, die zuletzt bei Reclam erschienen und nun in einer Neuauflage druckfrisch zur Messe vorliegen (17.3., 11.30 Uhr, Halle 3).
Schriftsteller, die er schätzt „Seine Betrachtungen zur Umwelt und den Folgen maßlosen wirtschaftlichen Wachstums, die er bereits zu DDR-Zeiten Anfang der 1980er-Jahre verfasste, sind heute aktuell“, sagt der Radebeuler Verleger. Weil dieses Thema sich weltweit weiter verschärft und er diesen Schriftsteller sehr schätzt, hat er sich Cibulkas „Thüringer Tagebüchern“ angenommen.
Außerdem präsentiert der Verleger auf der Buchmesse einen Band mit dem Titel „Entrückt ins Paradies“, der Beiträge mehrerer Autoren zum Werk Gerhart Hauptmanns versammelt. Das Buch erschien vergangenes Jahr zum 150. Geburtstag des Dichters, der in Radebeul lebte, und beleuchtet weniger bekannte Facetten seines Lebens und Werkes. Alles Bücher, die keine Massenauflagen erreichen. Für die jedoch Jens Kuhbandner sein Publikum hat.
Der kleine Verlag mit Sitz in Altkötzschenbroda hält ein erstaunlich großes Angebot bereit. Es umfasst Kunst- und Lyrikbände, Regionalliteratur, außergewöhnliche Reiseabenteuer wie im Buch „Transit – Illegal durch die Weiten der Sowjetunion“ bis zu heiteren Episoden aus dem Alltag eines Dresdner Fahrlehrers, verfasst von Gert Hoffmann.
Dazu braucht es einerseits den richtigen Riecher für neue spannende Themen. Zum anderen nennt Kuhbandner die Treue seiner Leser.
Er ist 1969 in Radebeul geboren, hier aufgewachsen und hat Literaturwissenschaften studiert. Im Jahr 1992 entstand der Jugend-Kultur-Treff „Noteingang“ und etwas später der gleichnamige Verein. Zu den Mitbegründern gehörten Jens Kuhbandner und Falk Wenzel, der ihm später auch im Notschriften-Verlag zur Seite stand. Das Noteingang-Café mit Kneipe lud die Radebeuler ein. Zuerst im Lutherhaus der Friedenskirche, ab 1998 im Gewölbekeller des Familienzentrums in Altkötzschenbroda. Konzerte, Vorträge, Ausstellungen und Lesungen gab es hier unter dem Motto „Notschriften präsentiert ...“. „Wir haben den Verlag damals gegründet für jene, die Not hatten ihre Texte zu veröffentlichen“, sagt Inhaber Jens Kuhbandner. Zudem wollte er auch Themen angehen, an die sich große Verlage nicht heranwagen.
1995 erschien eine erste handkopierte Broschüre mit eigenen Gedichten von ihm mit Graffiti-Zeichnungen von Edgar Kupfer. Im Jahr darauf dann die ersten gedruckten Bücher, in Wellpappe gebunden, mit Lyrik von Edward Güldner und Kurzprosa von Kuhbandner. Ein für den kleinen Verlag großer Erfolg war das 1998 mit einer Auflage von 2000 Exemplaren veröffentlichte Buch „Der Tisch der Frauen“ von Dekadance-Bandleader Bert Stephan, der auch mit den „Rockys“ und Olaf Schubert damals manchmal im Café Noteingang spielte. Damit wurde der Notschriften-Verlag schlagartig auch überregional bekannt, sowohl bei Musik- als auch Literaturfans, die das Besondere mögen.
2001 erschien der erste Bildband über Radebeul mit 5000 Exemplaren und 2006 ein Band über Altkötzschenbroda mit Geschichten von Thomas Gerlach. Der Radebeuler Kunstpreisträger gehört zu den Stammautoren des Notschriften-Verlages. Und weil Jens Kuhbandner gern mit seiner Familie wandert, gab er auch schon einen Reise-, Kultur- und Wanderführer – „Herz und Sinn jubeln auf“ – zusammen mit Falk Wenzel heraus.
Wer in all dem mal blättern will, geht am besten zu Kuhbandners Frau Dorothee. Die hat gerade in der Oberen Bergstraße ihre eigene „Galerie mit Weitblick“ eröffnet. Aber jetzt ist der Verleger erstmal in Leipzig.